Die Welt ist voller Widersprüche

«Veri» hat zu allem eine Meinung und strapaziert damit die Lachmuskeln

Nur 50 Plätze durften besetzt werden auf dem Ringofen in der Kunsthalle Appenzell als «Veri» am Samstag auftrat. Seine Ansichten zu Gott und der Welt sind urkomisch. Es wurde sehr viel gelacht über Entlarvendes, Spitzfindiges und manchmal politisch nicht ganz Korrektes. Der Plauderer vom Dienst schaffte eine herrlich entspannte, frohe Stimmung. Es war, als spielte er vor vollem Haus.

Thomas Lötscher ist einer jener Schweizer Kleinkünstler, die sich nach einem «Brotjob» umsehen. Die Corona-Pandemie hat seine zehnjährige Karriere als «Werktagskabarettist» ausgebremst. Der ehemalige Unternehmensberater und Informatiker weiss, dass wenige Jahre vor dem Pensionsalter die Chancen für eine Anstellung gering sind. Aber er kann auch Anderes. Zum Beispiel Lastwagenfahren. Wie er herausgefunden hat, dass die Berechtigung dazu, die er dank seiner Ausbildung im Militär besitzt, bis heute gilt, erzählte er neben der Bühne. Die Anekdote reiht sich ein in die vielen Erkenntnisse, die er in den Vorstandszimmern gesammelt oder sich in gründlichen Recherchen angeeignet hat, und die seiner Bühnenfigur «Veri» die Munition liefern.

Am Samstagabend freute er sich sehr, dass er in Appenzell auftreten konnte. Das bedeutete aber auch, ein Programm einzustudieren, das er seit Monaten kaum mehr gespielt hat – viel Vorarbeit für zwei Stunden Auftritt. Bei Thomas Lötscher ist das Knochenarbeit, denn «Veri» redet ohne Punkt und Komma.

«Veri», Gemeindemitarbeiter MFA (Mädchen für alles) aus dem Uneso-geschützten Entlebuch hat zu allem eine Meinung: Zu den Mäskeli des Herrn Berset, die zuerst gar nichts genützt haben, dann zweifelhaft waren und jetzt Vorschrift sind. Zu Frau Keller-Super, überhaupt zum Bundesrat, zum Wolf, zum Sechseläuten, zum Klima und ganz besonders zum Lehrplan 21 – ein Fundus an Abstrusitäten wie sie «Veris» Spürnase im Schweizerland zuhauf aufstöbert. Als Gemeindemitarbeiter kennt er sich natürlich auch aus mit «Littlin, Littlerding», Abfallproblemen und der veränderten Kultur auf den Friedhöfen. «Veri» kann sich heftig aufregen, stolpert gern über ein paar Wörter und Statistiken, kommt vom Hundertsten ins Tausendste und lässt so manchen Satz mit vielsagendem Blick in der Luft hängen.

«Die Welt ist voller Widersprüche», das weiss auch er. Ausgerechnet die Ökos, die ein paar Vögeli vor dem eventuellen Tod in Windkraftrotoren retten wollen, fressen den Vögeli die Heugümperli im Gras am Fuss der Windrädli weg. Oder der Wolf – im Entlebuch hat’s nur einen, leider –, der kostet den Steuerzahler 80000 Franken, weil seine Hinterlassenschaften jedes Mal einer DNA-Analyse unterzogen werden, damit man weiss, wo er sich rumtreibt. Was könnte man mit dem Geld alles tun! Ein Gefängnisinsasse kostet im Vergleich… Und die Armee weigerte sich im trockenen Sommer, Wasser auf die Alpen zu fliegen, da per Gesetz private Flüge nicht erlaubt sind. Zum WEF im Bündnerland flogen die Helis nonstop wirklich wichtige Leute, was Millionen kostet. Das Publikum staunt immer wieder über die vertieften Kenntnisse des Plauderers vom (Gemeinde-)Dienst. Im Gegensatz zum Bundesrat. Der heisse so, ist «Veri» überzeugt, «…weil dessen Mitglieder jeweils raten, was sie jetzt machen wollen».

Text und Bilder: Monica Dörig