Lieder vom Leben und zum Tanzen

Tante Friedl

Das Folk-Duo «Tante Friedl» (Magdalena Kriss und Dan Wall) bescherte dem Publikum in der ausverkauften Kunsthalle einen herzerfrischenden Abschluss des Kleinkunstjahres 2025 in der Kunsthalle.

Das Folk-Duo «Tante Friedl» eroberte die Herzen des Appenzeller Publikums im Nu

Ein fantastisches Konzert mit Liedern aus aller Welt bildete am Samstagabend den Abschluss des Kleinkunstjahres der Kulturgruppe Appenzell in der Kunsthalle. Das Duo «Tante Friedl» füllte die Ohren und Herzen des Publikums im ausverkauften Haus mit unbändiger Freude.

Magdalena Kriss aus Bayern und Dan Wall aus dem Hudson Valley (New York State) fuhren zu ihrem letzten Konzert in diesem Jahr durch das Appenzeller Winterwunderland im Sonnenschein. Als sie die Kulturgruppe Appenzell vor etwa eineinhalb Jahren in Thun trafen, schneite es auch – im April! Wie oft hatten die beiden im Zelt übernachtet. Dank einer Auszeichnung der Freiburger Künstlerbörse konnten sie ohne das aufwendige Bewerbungsverfahren an der Kleinstkunstbörse am Thunersee auftreten. Die anwesenden Mitglieder der Kulturgruppe waren schon nach dem ersten Stück «schockverliebt». So ging es manchen anderen Schweizer Veranstaltern; bis dahin war «Tante Freidl» hierzulande nicht bekannt. Und so ging es auch dem Publikum am Samstag in der Kunsthalle Ziegelhütte.

Klangfarbenvielfalt und Freude
Mit harmonischem Gesang, mit kunstvollen Jodlern und mitreissendem Scatting verziert, erzählte das Paar gefühlvolle Geschichten, die das Publikum dank der charmanten Moderation nachfühlen konnte – und dank der dramatischen Phrasierung auch ohne die Sprache zu verstehen erfasste. Die virtuose Begleitung in Clawhammer-Technik mit dem fünfsaitigen Banjo, mit Akkordeon und Geige bildet den klangsatten Hintergrund für die kraftstrotzenden Stimmen. Das Paar gestaltet Folksongs und Rootsmusic aus aller Welt: Den romantischen Fisherman Blues, den jüdischen Hochzeitswalzer, das anrührende «Foggy Dew» aus Irland, die schwedische Polska, das muntere Schlaflied aus den Appalachen – mit berührender stimmlicher Klangfarbenvielfalt, mit ansteckender Energie und Spielfreude und einzigartiger Ausdruckskraft.

Lernen von Musikerfreunden
Die beiden lernen durch den regelmässigen Besuch von internationalen Folkmusic-Festivals traditionelle Volksmusik, deren Hintergründe und Gesangstechniken kennen – Lieder vom Leben und Musik zum Tanzen. So klingen das serbische Lied von Betrug und Rache und das bulgarische Liebeslied für Elenka authentisch wie verinnerlichte Tradition. Magdalena beherrscht den Kehlkopfüberschlag der polyphonen Gesänge vom Balkan und die Tonlage skandinavischer Lieder ebenso wie das alpenländische Jodeln. Die amerikanischen Arbeiter- und Protestlieder singt Dan mit Inbrunst und einem Vibrato, das die Zuhörenden beinahe schmelzen lässt. Das Mitsingen von Refrains bewahrt sie davor. Das «Zaure» und «Ruggussele» würden «Tante Friedl» bestimmt auch gerne lernen.

Kleine Konzerte und grosse Festivals
Das Paar, das in Berlin lebt, tourt seit der Coronapandemie im Sommer mit dem Tandem durch die deutschsprachigen Länder und gibt neben Festivalauftritten kleine private Gartenkonzerte ohne technischen Aufwand. In einem Kästchen konnte man nach dem begeisternden Konzert seine Kontaktadressen deponieren, damit man auf dem Laufenden gehalten wird, wo und wann das Duo auftritt. Es scheint ziemlich wahrscheinlich, dass «Tante Friedl» nächsten Sommer im Appenzellerland auftaucht. Das Publikum war schon in der Pause sehr daran interessiert. Es war – auch in Schönengrund und Walzenhausen – hingerissen von den Stücken, die aus Weltmusik zusammenfügt sind: Zum Beispiel ein bayrischer Zwiefacher mit einem österreichischen Jodler und einem englischen Folk-Intro. In Appenzell liessen die jubelnden Gäste das Paar erst nach zwei Zugaben Feierabend machen: Es schenkte ihnen den groovigen Lovesong «Exactly Like You» und ein Abschiedslied aus Kärnten, zu dem das Publikum Vogelgezwitscher beisteuerte.


Magdalena, Musik- und Tanzpädagogin, hat gerade Musik für ein Kindertheater geschrieben, das in der Vorweihnachtszeit aufgeführt wird. Darum macht «Tante Friedl» Pause. Im nächsten Jahr ist eine zweite CD geplant, wie sie verriet. «Tante Friedl» nennt sich das Folk-Duo übrigens zu Ehren von Tanten: Als die bayrische Musikerin und der amerikanische Musiker sich an einem Festival in Salzburg kennenlernten, stellten sie fest, dass beide eine Tante Friedl haben: Eine lebte in ihrer Jugend auf der deutschen Seite des Berges, eine auf der österreichischen. Überall wo das fabelhafte Duo auftritt, treffen sie auf Leute, die in ihrem Stammbaum auch ein Frieda haben - auch in Appenzell.

Text und Bilder: Monica Dörig