AV - Von Biedermann bis Aschenputtel

Die VAREIETäTER zeigten unter dem Namen «Pulsfrequenz» bewegtes Comixtheater in fünf Stücken

Die Kulturgruppe Gf! schloss am Samstag das Programm 2007 mit einem bewegten Erzähltheater ab. Kathrin Fischer und Deborah Wyss waren die «Varietäterinnen». Als solche boten sie dem Publikum im Hotel Löwen in Appenzell Kurzfassungen von Märchen, Literatur und Actionstreifen in einer rasanten Mischung aus Körpereinsatz, Mimik und Wortwitz.

Die beiden Bernerinnen hatten 2006 den goldigen Biberfladen an den Appenzeller Kabaretttagen gewonnen. Das Wiedersehen war köstlich.
Auf Einladung der Kulturgruppe Gf! zeigten die VARIETäTER einen Rückblick auf ihr Schaffen. Schaffen ist wohl der richtige Ausdruck dafür was die beiden in ihrem Programm «Pulsfrequenz» boten. Schweiss treibender Körpereinsatz, expressive Mimik und eine witzige Art bekannte Geschichten, komprimiert zum Instantformat, zu erzählen.

Feuer und Flamme

Viele Rollen spielten sie gleichzeitig, manchmal war die eine der Brandstifter dann die andere. Das Publikum war gefordert. Max Frischs Klassiker wurde entstaubt und mit vielfältigen Mitteln auf die kleine Bühne im Löwen gebracht.
Da sprachen Hände seitenweise, da übernahmen Symbole die Handlung. Und die Geräuschkulisse sowie den Filmsoundtrack bewältigten die Künstlerinnen ebenfalls im Duo.
Ein Evergreen könnte die Persiflage auf den Agenten der Königin, James Bond, werden. 007, Moneypenny, die sexy Gespielin und den üblichen Bösewicht spielten die beiden hinreissend überspitzt. Deborah Wyss und Kathrin Fischer liessen nichts aus: weder die psychedelische verbrämte Tanzeinleitung, noch die Schussfahrt über verschneite Hänge, noch dramatische Abstürze und Explosionen. Die Action bewältigten sie mit Fingertheater und comicartiger Lautmalerei: «Päng, zisch, chrrrmpf, zoing...» Mit bösem Humor nahmen sie das Filmgenre auf die Schippe.

Willi natür

Selbst die Geschichte des Schweizer Nationalhelden kann ganz neu erzählt werden: Stauffachers Gertrud hat nämlich den Samen zur Revolution in ihrem Blumenkistli gesät. Die Appenzeller müssen sich im Herzen angesprochen gefühlt haben beim wilden Schlachtengebrüll der eidgenössischen Freiheitskämpfer, beim hinreissenden Blick der selig wiederkäuenden Kühe und dem herzerweichenden Meckern der Geissen.
Der Held, Willi natür, sprach in Zitaten mit unnachahmlichem Innerschweizer Akzent. Schiller hätte sich die Ohren gerieben. Dazu tummelte sich ein Volk von Urschweizern vor Gesslers Hut, jede Figur kurz und markant durch Mimik und Körperhaltung gezeichnet.

Herrlich komisch

Kathrin Fischer und Deborah Wyss brachten das Kunststück fertig, ohne Requisiten die Protagonisten in der entsprechenden Zeit und Stimmung darzustellen. Das Publikum war sehr beeindruckt. Auch im Märchen Aschenputtel verkörperten sie die missgünstigen eitlen Stiefschwestern, das liebliche Mädchen, den edlen Prinzen, den blasierten Diener und selbst die gurrenden Tauben samt Weidenbaum wie aus dem Leben gegriffen.
Ein herrlich komisches Intermezzo, das auch zur Zugabe wurde, boten die zwei Schauspielerinnen mit einer drei Minuten-Geschichte vom Zigeuner und seinem Esel. Eine schier unglaubliche Verwandlung ging mit Kathrin Fischer von statten. Mit rollenden Augen und fliegenden Eselsohren galoppierte sie in die Herzen des Publikums.

Text: Monica Dörig