AV - Trost im Herz-Schmerz-Hotel

Liebeslieder und ein Konzentrat an Lebensweisheiten aus der Jukebox von Schellinski

Am Samstagabend spendeten die Vorarlberger «Schellinski» auf Einladung der gf!-Kulturgruppe rund 70 Zuhörenden in der Töpferei zur Hofersäge in Appenzell Trost für alle Lebenslagen. Das gelang ihnen mit philosophischen Mundart-Texten und schöner Populär-Musik.


In der Jukebox des Herz-Schmerz-Hotels der «Schellinski» findet man vorwiegend Liebeslieder und ein Konzentrat an vertonten Lebensweisheiten. Das berührte zuweilen und brachte das Publikum auch immer wieder zum Lachen.


Liebeslieder für alle

Wenn die Vorarlberger Band ein Liebeslied anstimmte, leuchtete das rote Plastikherz über der Bühne: Liebeslieder für den besten Freund oder für einen ehemaligen besten Freund, der einen ausbremst, Liebeslieder für Väter und Mütter, oder für die beste und schönste Fleischfachverkäuferin. Auch Liebeswerben von einem der nicht mehr ganz jung, über 70 Kilogramm schwer und mit wenig Haupthaar gesegnet ist: «Wenn du willst, halt ich dich fest, bring ich dich zum Lachen?». Manchmal wünscht man sich gar nicht mehr. Und auch weniger sympathische Zeitgenossen haben Liebeslieder: «Baby glaub a mi; gib miar dis letschte Hemp und dia beschte Schue derzue und wenns goht no a bitzli Geld?». Roman Lorenz beendete mit einer virtuosen Jazz-Improvisation am Piano den augenzwinkernden Song.

Berni Weber, Walter Schuler und Roman Lorenz besangen Kindheitserinnerungen und die Unwägbarkeiten des Lebens von Eifersucht bis Wehmut und Sehnsucht mit lebensklugen, poetischen Worten im schönen Vorarlberger Dialekt, den auch die Appenzeller gut verstehen und der sich bestens eignet für witzige urchige Wortspiele. «I wäar so gern im Jet-Set wenns für mi an Platz hett. Mit em rote Ferrari gieng i uf Girlie-Safari». Doch statt Austern und Blinis gibts im Rheintal halt Süssmost und «Schwiinis».


Grosse Gefühle, leise Töne

Darum herum spielten sie mit Gitarren, Akkordeon, Mundharmonika und E-Piano wunderbare Blues-, Jazz-, Country- und Pop-Melodien. «Schellinski» sind Liebhaber der leisen Töne, sowohl was die Liedtexte (die zum Teil aus der Feder von Michael Köhlmeier stammen) betrifft, als auch die klug darauf abgestimmten Musikstile. Da wirkte alles echt, nichts aufgesetzt, selbst wenn es um grosse Gefühle ging.

Lichtsprenkel umtanzten die erfahrenen Musiker während der tiefsinnigen und traurigen Songs - etwa für einen Zauberer, der die Sorgen wegzaubern soll, oder von jenem, der schon lange keine Post mehr gekriegt hat und überhaupt am Leben vorbei lebt oder von den Bäumen unter die man sich legt und träumt: «...und dr Flieder schmöckt violett zu miar her und mis Herz wird gsund».

Berni Weber, der Sänger am Akkordeon, holte die Zuhörenden aus dem drohenden Stimmungstief mit fetzigen Songs in Erinnerung an die jugendlich-ungestümen Rock'n'Roll-Träume oder mit einer lebenslustigen Ode an den gerade mal 667 Meter hohen Rheintaler Kummaberg, der - um an Kumma kummi numma - wie eine afrikanische Hymne zum Mitklatschen animierte. Bisweilen klang seine Stimme fast wie diejenige von Bruce Springsteen oder ein bisschen nach Adriano Celentano. Seine furiosen Soli auf der Mundharmonika brachten satten Blues ins Herz-Schmerz-Hotel.


Trost für alle Lebenslagen

Walter Schuler war an seinen verschiedenen Gitarren und als Background-Sänger der zuverlässige Begleiter und ruhende Pol und lieferte filigrane Verzierungen zu den österreichischen Chansons. Begeistert hat immer wieder auch der Multi-Instrumentalist Roman Lorenz mit seinen Improvisations-Eskapaden und subtilen Begleitungen an Klavier, Handorgel oder Gitarre.

Die Galerie der Töpferei zur Hofersäge war genau der richtige Rahmen für diesen gefühlvollen, gemütlichen Konzertabend. Das Publikum war entzückt; die drei Liedermacher haben ihm mit Charme, Gelassenheit und grossem Talent Trost für alle Lebenslagen gespendet. Zum Mitnehmen gabs ausserdem ein schönes Bündel Weisheiten und viel gute Laune.

Text und Bilder: Monica Dörig