AV - Hinreissende Orchesterei

Frölein Da Capo bezaubert mit grossartigem Gesangstalent, Charme und Blasmusik

Ein Gartenzwerg-Winzling, ein Euphonium, ein buntes Nachttischli, ein Loop-Sampler, Gitarre und Trompete, ein schulterfreies Kleid mit Petticoat und Hochsteckfrisur - das alles gehört zu Frölein Da Capo. Die charmante Person aus Willisau ist eine Ausnahmeerscheinung auf der Kleinkunstbühne und ihre musikalische Bandbreite ein Hochgenuss.

Zum ersten Mal orchesterte das adrette Frölein Da Capo aus dem Luzernischen in Appenzell. Und zum ersten Mal durfte die gf!-Kulturgruppe gut hundert Gäste beim Landbeck am Mettlenkreisel begrüssen. So gab es denn am letzten Samstag Köstlichkeiten fürs Auge, für's Ohr und für den Gaumen.

Hin und weg

Da sich Zwerg Erwin trotz Scheinehe weder zum Groupie noch zum Rowdy eignete, überliess ihm Frölein Da Capo die Verantwortung für die Choreografie. Das schlug sich in einem bisschen Unterrockschwenken nieder und ansonsten in stoischer Gelassenheit. Obwohl, das Frölein selbst war anfangs ein wenig nervös, wie es gestand. Es war mit Kind und Kegel angereist und sah sich nun einer fast unheimlich andächtigen, aufmerksamen Menschenmenge gegenüber. Die junge Dame aus Willisau steht extrem auf Männer in Latzhosen, deswegen ist ein-, zweimal pro Woche ihre Waschmaschine hinüber und deshalb schmetterte sie als Bekenntnis eine Südstaaten-Soulhymne in die Bäckerei: «Boys In Tangerines» - Wow!
Ob sie Klassiker wie «Hit The Road Jack» und «Fever», Chansons von Mani Matter und Songs von Janis Joplin oder Eigenkompositionen wie den frechen «Tango-Plagööri» und «Fuck-Off-Song» oder gar Volkstümliches zum Besten gab, die Multiinstrumentalistin zeigte nicht nur erfrischende Ideen für Intros aus Blasmusik, sondern sang mit soviel Herz und Stimmvolumen, dass die Zuhörenden hin und weg waren.

Die Liebe zu Fahrzeugen

Das Frölein aus Willisau ist gern rassig und lustig unterwegs. Ihre Exkursionen in Tanzkurse und Jodelclubs, wie sie Männerherzen bricht, wie abenteuerlich Online-Dating sein kann, von wehleidigen Männern und bildschönen Chippendale-Typen - «handsome but stupid» - erzählte und trällerte sie frisch von der Leber weg, sehr charmant, mit kleinen deftigen Ausrutschern. Als sie dann aber in herzergreifender Intensität, mit Schluchzern und Kehlkopfüberschlag ihre Liebe zu ihrem Töffli und ihrem ersten Autöli besang, war es um das Publikum endgültig geschehen. Wenn die Appenzeller das auch nicht so inbrüstig zeigten, sie hatten das Frölein längst ins Herz geschlossen.

Süss und knackig

Frölein da Capo ist eine Ausnahmeerscheinung: Sie spielt Euphonium und Trompete und singt ein Saxofon-Solo samt gehörigem Kiekser. Sie singt, dass es einem Hühnerhaut über den Rücken jagt und Tränen in die Augen treibt. Die junge Frau kennt sich aus in «Jäääzz», dem sie ein schräges Mundartlied widmet, ist von Volksmusik geprägt, komponiert, arrangiert, jodelt, zupft die Country-Gitarre zu fetzigen Folksongs, skattet über ihre eigenen fünf Stimmen hinweg, beherrscht den Sampler mit den spitzigen Schühchen extrem präzis. Und vor allem singt Frölein Da Capo herzabstössig schön den Blues.
Irene Hodel ist ein sensationelles Orchester, ein fulminanter Chor. Wenn es sein muss, dank Loops eine ganze Guggenmusik. Dabei ist sie so herzig und süss, knackig und saftig wie das «Chierschi» das sie so wunderbar acapella besingt.

Text und Bild: Monica Dörig