AV - Das teuerste Linsengericht, das es je gab

Bea von Malchus spielt «Bibelfest!?» - Erzähltheater über den grössten Bestseller aller Zeiten.

Abraham, Isaak, Jakob, Joseph, da war doch was - lauter heilige Männer, deren Geschichte in der Bibel erzählt wird. Und diese Geschichten erzählt die Schauspierlerin Bea von Malchus in ihrem Programm «Bibelfest!?». Was sie bietet ist ein herrlich respektloser Umgang mit dem grössten Bestseller aller Zeiten.

Das Ganze beginnt im Flugzeug. Die Erzählerin lässt die Bemerkung «in Abrahams Schoss» fallen. «Was ist das, Abrahams Schoss?» will ihr vorwitziger Begleiter, der kleine Josef wissen. Und so beginnt eine lange, hinreissend komische Geschichte, eine Kurzeinführung ins alte Testament. Bea von Malchus sitzt auf der Flugzeugbank und erzählt und erzählt: «Ja, der Abraham, das war schon ein toller Typ, aber er war ein Streber. Und erst die Sarah, ob als junge Frau oder mit sechzig, siebzig, achtzig, auch als Greisin noch war sie noch wunderschön, begehrt, sexy und sexhungrig.»

Mit Schal und Können

Am Freitagabend gastierte Bea von Malchus auf Einladung der GFI-Kulturgruppe im Restaurant Löwen. Es war unüberhörbar: Das Publikum amüsierte sich prächtig. Was die Schauspielerin bot, hatte aber auch wirklich Klasse. Sie wechselte souverän die Stimmlage, erzählte mit Hand und Fuss, ihre ganze Körpersprache setzte sie ein für die zahlreichen Rollen, die sie spielte. Die Erzählerin turnte auf ihrem Flugzeugsofa herum, «griff» unvermittelt zur Pantomime um Trauer, Trostlosigkeit oder sonst eine Gemütswallung darzustellen, dabei konnte das Gesicht länger und länger werden, der Mund zog sich nach unten, so sehr, dass man sie hätte auf den Kopf stellen müssen, um noch so etwas wie ein Lächeln erahnen zu können. Ihr einziges Verkleidungs-Requisit war ein Schal, den sie effektvoll einsetzte: als flatternde Flügel, der zahlreichen Engel, die damals offensichtlich einfach so kurz mal auftauchten, wenn Not am Mann oder der Frau war; oder sie gebrauchte den Umhang als eine Art Tschador, obwohl es damals noch längst keine Muslim-Frauen gab: Kopfverhüllt schauten aus dem Stoff nur noch zwei Augen heraus, die aber alles sagten, was zu sagen war.

Gott ist ausgetreten

Was den Geschichten - man kennt sie ja, auch wenn sie nicht mehr bis ins Detail präsent sind und das Gedächtnis manchmal den Ismael mit dem Esau oder mit sonst wem verwechselt - was der Nacherzählung dieses christlichen Bildungsgutes den richtigen Pepp gab, war der respektlose Umgang mit den ach so heiligen Männern und ihren Frauen. Die Tonlage gab ein kurzes Telefonat vor mit einem gewissen Herrn Wojtyla aus Polen, der vorübergehend in Rom tätig war: «Mir ist Gott erschienen!» - «Wie war er?» - «Nervös!» Und als Josef vom WC zurückkam und meldete: «Ich bin ausgetreten!», da hiess es lakonisch: «Gott auch!». An anderer Stelle gibt sich der Papst fast philosophisch. Er wird gefragt: «Ist das auch alles wahr?» - «Nein, aber man wird selig, wenn man daran glaubt!»

Fussball ist nicht koscher

Zum Beispiel wenn's ans Heiraten geht. Da kann die Liebe fallen, wie sie will, der Vater der Braut beginnt zu verhandeln. Und haut manch einen Bräutigam übers Ohr: Der Jakob zum Beispiel wird zu jahrelanger Fronarbeit verdonnert, bis er seine Rahel heiraten konnte, die er dann aber in der Hochzeitsnacht doch nicht bekommt, weil ihm die schielende und damit billigere Lea untergejubelt wird. Was den Brautvater nicht hindert zu sagen: «Ich bin einfach zu gut für diese Welt!» Heucheleien dieser Art sind ein gefundenes Fressen für Bea von Malchus Schauspielkunst: Da gilt es treuherzig-verschlagen in die Welt zu schauen und eine Stimme anzunehmen, die vor Schleim überfliesst. Und dann die Kinderproduktion, die zwischen den Frauen fast zu einem Wettrennen ausartet (wobei scheinbar nur die Söhne gezählt werden, was ja wohl verständlich ist, denn was tun Frauen schon: Sie setzen Söhne in die Welt!). Als Vater Jakob, wenn man alle Kinder der diversen Mütter zusammenzählt, bei elf angelangt ist, freut sich der kleine Josef im Flugzeug: «Das gibt eine Fussballmannschaft!» Worauf er ziemlich ernüchtert zur Kenntnis nehmen muss: «Fussball ist nichts für die Juden: Der Ball ist nicht koscher!» Made aus Schweineleder!

Wo ist das Opfertier?

Umwerfend komische Szenen vom Abraham bis zum Joseph, dem Traumdeuter, gab es an diesem Abend genug zu geniessen: Eher als Anekdote einzustufen war, dass der Pharao gerade eine Toblerone isst, als er mit dem Architekten seine zukünftige Grabstätte bespricht. «Bau sie mir so», befiehlt der ägyptische König und zeigt auf seine Schokolade. Und schon waren die Pyramiden erfunden. Eher als Pech einzustufen war hingegen, wenn der gefrässige Esau mit den viel zu vielen Hormonen sein Erstgeburtsrecht an Isaak verliert für einen simplen Teller Linsen. Aber man gönnt es dem Isaak natürlich, denn der hatte es doch auch ziemlich schwer. Schliesslich musste er mit Vater Abraham eine Bergtour machen, um Gott zu opfern: «Aber Vater, warum hast du kein Opfertier dabei?» So kann man sich irren, aber der Herr im Himmel erwies sich als gnädig und schickte seinen Erzengel Michael, so dass der unterwürfig gehorsame Streber Abraham seinen Sohn doch nicht schlachten musste. Und es der Gerettete dank seiner handfesten Intrige doch noch zu etwas brachte.

Schrullig, komisch

Schöne, lehrreiche Geschichten, allesamt: Schrullige Leute und komische Bräuche aus einer längst vergangenen Zeit, nachzulesen in einem fast dreitausend Jahre alten Buch, eine Lektüre ist durchaus empfehlenswert. Weitaus lustiger aber ist es, wenn Bea von Malchus diese Kuriositäten erzählt mit ihrem ganzen Repertoire hoher Schauspielkunst.

Text und Bild: Toni Dörig